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Deutsch-Brasilianischer Agrarpolitischer Dialog Brasilien

Ausgangssituation

Flug über den Amazonaswald in Novo Progresso, Bundesland Pará. Quelle: IBAMA, Vinícius Mendonça

Brasilien spielt als bevölkerungs- und ressourcenreiches Land eine entscheidende Rolle in der globalen Agrarproduktion und -versorgung. Mit seinen immensen tropischen und subtropischen Waldbeständen nimmt es außerdem eine Schlüsselrolle bei der Erhaltung der globalen biologischen Vielfalt ein. Dem Land kommt damit eine wesentliche Bedeutung bei der Lösung globaler Herausforderungen im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes zu.

Die brasilianische Landwirtschaft ist hochproduktiv und wettbewerbsfähig. Auf rund 45 Millionen Hektar wird Soja angebaut, in Fruchtfolge mit Mais oder teilweise mit Weizen. Daneben spielen Kaffee, Orangen, Zuckerrohr, Kakao und andere tropische Früchte eine zentrale Rolle im Handel mit Europa. Etwa 60 % der Sojabohnen gehen in den Export, ein wachsender Anteil wird aber auch für den heimischen Konsum verwendet. Neben der großflächigen Farmerlandwirtschaft gibt es eine regional und ökonomisch stark differenzierte bäuerliche Landwirtschaft. Trotz beeindruckender technologischer Fortschritte im brasilianischen Agrarsektor bleibt die oft illegale Rodung des tropischen Regenwaldes, aber auch des Cerrado (große savannenartige Tropenregion) eine zentrale Herausforderung. Der Anteil der durch Soja in die EU „importierten Entwaldung“ ist in den letzten 15 Jahren kontinuierlich zurückgegangen, was u.a. auf eine veränderte Produktionsstruktur zurückzuführen ist. Die großflächige Rinderhaltung wird wegen ihrer Auswirkungen auf Umwelt und Klima in Europa oft kritisch bewertet. Brasilien selbst sieht sich mit seinem ambitionierten agrarpolitischen Programm der „Kohlenstoffarmen Landwirtschaft“ (ABC) auf einem guten Weg, die Klimaziele zu erreichen. Von den rund 100 Millionen Hektar degradierter Weideflächen sollen in den nächsten zehn Jahren 40 Millionen Hektar für Aufforstung, landwirtschaftliche Nutzung und eine produktive und nachhaltige Weidenutzung wieder nutzbar gemacht werden.

Den Agrarsektor in einer sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltigen Weise weiterzuentwickeln, die den Zielvorgaben des Pariser Klimaabkommens entspricht und die zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen beitragen, wird im Fokus der agrar- und umweltpolitischen Agenda Brasiliens stehen. Dies ist auch Leitbild für die bilaterale Zusammenarbeit des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit Brasilien.

Projektziel und Aktionsbereiche

Gemeinsam mit dem brasilianischen Ministerium für Landwirtschaft und Viehzucht (MAPA), dem Ministerium für Agrarentwicklung (MDA) und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie Akteur*innen und Verbänden der Agrar- und Ernährungswirtschaft, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft beider Länder wird im Rahmen der Zusammenarbeit im Agrarpolitische Dialog (APD) ein besseres gegenseitiges Verständnis in zentralen agrar- und umweltpolitischen Fragen für politisch Verantwortliche sowie Fach- und Führungskräfte entwickelt.

Mit dem Antritt der dritten Lula-Regierung im Januar 2023 wurde auch das Ministerium für Agrarentwicklung und Familienlandwirtschaft (MDA) wiedergegründet und wird seitdem in die Arbeit des APD einbezogen. Im Rahmen der 2. Deutsch-Brasilianischen Regierungskonsultationen im Dezember 2023 haben der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, sowie seine beiden brasilianischen Amtskollegen Carlos Faváro, Minister für Landwirtschaft und Viehzucht (MAPA), sowie Paulo Teixeira, Minister für Agrarentwicklung und Familienlandwirtschaft (MDA), vereinbart, den Deutsch-Brasilianischen Agrarpolitischen Dialog zu verlängern und inhaltlich neu auszurichten. Die Minister unterzeichneten ein Memorandum of Understanding zur Fortsetzung des Deutsch-Brasilianischen Agrarpolitischen Dialoges, womit das Ministerium für Agrarentwicklung und Familienlandwirtschaft (MDA) offiziell als weiterer politischer Partner neben das brasilianische Agrarministerium (MAPA) und BMEL tritt.

Seit April 20221 läuft der Agrarpolitische Dialog in seiner ersten Phase, die im Juni 2024 endet. Derzeit laufen die Planungen für die Neuausrichtung des APD zwischen MAPA, MDA und BMEL. Der Beginn der zweiten Phase ist für Juli 2024 mit einer Laufzeit von 3 Jahren vorgesehen. Im Mittelpunkt der zukünftigen Zusammenarbeit stehen nachhaltige und entwaldungsfreie Wertschöpfungsketten, ökologischer Landbau, Agrarökologie, das Recht auf Nahrung, nachhaltige Ernährungssysteme und Ernährungssicherheit sowie der bilaterale Austausch deutscher und brasilianischer Ernährungsräte.

Bereits seit Dezember 2023 etabliert das Deutsche Institut für Menschenrechte im Rahmen des Innovations- und Transformationsdialogs des BMEL ein Kompetenz-Hub für das Recht auf Nahrung und Transformation durch Menschenrechte. Übergeordnetes Ziel ist die verstärkte Nutzung menschenrechtlicher Expertise im Kontext der Diskussionen und Politikempfehlungen des Committee on World Food Security (CFS) in Rom. Das Projekt strebt insbesondere eine enge Zusammenarbeit mit Organisationen des Civil Society and Indigenous Peoples' Mechanism (CSIPM) an, um deren Einfluss auf nationale Politikentwicklungen zu stärken. Eine zentrale Rolle spielt dabei auch die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und staatlichen Stellen in Brasilien, insbesondere mit Vertreter*innen im nationalen Ernährungssicherheitsrat CONSEA. Mit der Neuausrichtung des APD ist daher ein enger Austausch und Zusammenarbeit zwischen dem Innovations- und Transformationsdialog des Deutschen Instituts für Menschenrechte und dem APD in Brasilien vorgesehen.

Folgende drei Handlungsfelder werden bis zum Ende der 1. Projektphase (Juni 2024) bearbeitet:

1. Innovative Formate zur Finanzierung einer nachhaltigen Landwirtschaft

Hierin werden regulatorische Fragestellungen zur Stärkung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft diskutiert, unter anderem mit der brasilianischen Zentralbank. Darüber hinaus erfolgt ein Austausch zu öffentlichen und privaten Fördermaßnahmen. Besondere Umweltleistungen einer nachhaltigen Landwirtschaft, die in den Marktpreisen bislang nicht angemessen reflektiert wurden, sollen entsprechend ihres Wertes vergütet werden. Übergeordnetes Ziel ist, die Flächennutzung effizienter und nachhaltig zu gestalten, um so einen Beitrag zur Reduzierung des Entwaldungsdrucks zu leisten.

2. Politikansätze für Nachhaltige Wertschöpfungsketten und eine klimagerechte Landwirtschaft

In diesem zweiten Arbeitsbereich werden von deutschen und brasilianischen Akteur*innen gemeinsam Politikansätze für spezifische Wertschöpfungsketten diskutiert. Dies erfolgt exemplarisch für Soja und Rindfleisch, um den Entwaldungsdruck zu senken, die Nachhaltigkeit der gesamten Wertschöpfungskette zu verbessern und die klimawirksame Einlagerung von Kohlenstoff zu fördern.

3. Bioökonomie als Treiber für Technologieentwicklung und Innovationen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft

Ein weiteres Schwerpunktthema bildet der Austausch zu technologieintensiven Formen und Kooperationen der Bioökonomie zwischen deutschen und brasilianischen Fachkräften aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Damit sollen Verfahren im Agrar- und Ernährungssektor diskutiert werden, die einen Beitrag zur Dekarbonisierung der Ökonomie und zur nachhaltigen Gestaltung der landwirtschaftlichen Erzeugung leisten können.

Zielgruppen

Zielgruppen des APD sind politisch Verantwortliche sowie Fach- und Führungskräfte des brasilianischen Landwirtschaftsministeriums, der Privatwirtschaft, zivilgesellschaftlicher und wissenschaftlicher Institutionen beider Länder.

Projektpartner und Kooperationen

Die politischen Projektträger sind das brasilianische Ministerium für Landwirtschaft, Viehzucht und Versorgung (MAPA), das Ministerium für Agrarentwicklung und Familienlandwirtschaft (MDA) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Mit der Durchführung des Projektes ist die IAK Agrar Consulting GmbH beauftragt. Wichtige Partner sind das Deutsche Biomasseforschungszentrum DBFZ, die Universität Bonn, die Fundação Getulio Vargas (FGV Agro), die staatliche Agrarforschungbehörde EMBRAPA, der Verband der Brasilianischen Agrar- und Ernährungswirtschaft (ABAG) und zivilgesellschaftliche Zusammenschlüsse wie die Koalition Brasilien Klima, Wald und Landwirtschaft (Coalizão Brasil).

(Stand: Januar 2024)

Laufzeit

04/2021 – 03/2024

Ansprechpartner bei der GFA

Denis Ünver
Denis.Uenver(at)gfa-group(dot)de

Durchführungsorganisation

IAK AGRAR CONSULTING GMBH

Projektleitung vor Ort

Ingo Melchers
ingo.melchers-iak(at)apd-brasil(dot)de

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